Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) begrüßt die wegweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 06. November 2024 (AZ: 1 ORbs 219/24). Das Gericht hob das Urteil des Amtsgerichts auf, nachdem dieses einem Betroffenen ein zweimonatiges Fahrverbot auferlegt hatte.
Bußgeld, Fahrverbot – und danach ein Arbeitsvertrag
Ein Autofahrer wurde wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften zur Zahlung von 800 Euro verurteilt. Zusätzlich wurde ein zweimonatiges Fahrverbot verhängt. Zu diesem Zeitpunkt war der Mann bereits etwa ein Jahr lang arbeitslos. Einige Monate nach Zustellung des Bußgeldbescheids fand er jedoch einen neuen Arbeitsplatz.
Vor Gericht beantragte er, vom Fahrverbot abzusehen, da es ihn den neuen Job kosten könne. Das Amtsgericht wies sein Begehren zurück: Er habe genug Zeit gehabt, das Fahrverbot während der Arbeitslosigkeit zu verbüßen. Der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid sei daher „strategisch unklug“ gewesen.
Oberlandesgericht: Fahrverbot unbillige Härte wegen neuem Job
Das Oberlandesgericht Naumburg sah dies anders. Ein Fahrverbot dürfe nicht allein deshalb aufrechterhalten bleiben, weil der Betroffene theoretisch Gelegenheit zur Vollstreckung gehabt hätte. Denn ein Fahrverbot ist erst nach Rechtskraft des Bußgeldbescheids möglich. Wer Einspruch einlegt, kann nicht im Voraus „vorsorglich“ das Fahrverbot verbüßen. Damit ist auch eine nachträglich entstehende berufliche Härte zu berücksichtigen, wie etwa der Verlust eines neuen Arbeitsplatzes.
Konsequenzen für die Verteidigung: Kein Automatismus beim Fahrverbot
Die Entscheidung verdeutlicht, dass Gerichte bei Fahrverboten genau hinsehen müssen. Eine pauschale Betrachtung – wie im Fall des Amtsgerichts – wird der individuellen Lage des Betroffenen nicht gerecht. Entscheidend ist nicht nur, ob theoretisch Zeit für die Ableistung vorhanden war, sondern auch, ob eine neue berufliche Perspektive entstanden ist, die gefährdet wäre.
Was bedeutet das für Betroffene?
Wer ein Fahrverbot erhalten hat, sollte daher:
Rechtsmittel sorgfältig prüfen: Ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ist zulässig – auch wenn dadurch das Fahrverbot aufgeschoben wird.
Berufliche Entwicklungen dokumentieren: Neue Stellen oder Bewerbungsgespräche können relevant werden.
Verteidigung mit Weitblick planen: Anwälte einschalten. Diese prüfen, ob sich eine berufliche Härte argumentieren lässt.


